Von Preußen und Bayern oder A gstandns Mannsbild und die Preißmaßn

Unsere Geschichte beginnt, wie alle Märchen beginnen
Es waren einmal … ein Schützenverein und eine Blaskapelle in zwei Dörfern entlang des idyllischen Flüßchens Schwarzach im Frankenland. Die beschauliche Ruhe in diesem Tal wurde nur durch eine große breite Autobahn und den regen Fahrverkehr getrübt.
Aber eben jene besagte Autostraße führte vor Jahren einen Schützenverein aus dem hohen Norden des deutschen Landes zufällig direkt in das Dörfchen namens Höbing, wo in jenen Tagen ein großes Schützenfest stattfand. Die stolzen Niedersachsen ließen sich nach ein paar Maß bayerischen Bieres nicht lumpen und luden die Höbinger kurzerhand zu sich in den Norden der Republik zum nächsten Schützenfest ein.

Und so ergab es sich, daß sich die Höbinger Schützenbrüder und Schützenschwestern auf den Weg in das Land der Niedersachsen machten, nicht jedoch ohne ihre befreundeten Nachbarmusiker aus Obermässing. Die Blaskapelle sollte ihnen nämlich in Schweimke in der schönen Lüneburger Heide den Marsch blasen und besagten Norddeutschen die bayerische Musikkultur näher bringen. Die Obermässinger ließen sich natürlich ebenfalls nicht lumpen und spielten und sangen stundenlang die bayerischen und fränkischen Weisen im wunderschönen Heideland.

Und wem die Obermässinger noch aus der Zeit des Mässinger Bauernhaufens bekannt sind, der weiß, daß sich diese Rasse in keiner Art und Weise so leicht niederzwingen läßt; schon gar nicht, wenn es um die Trinkkultur der ,,Preußen“ geht. Denn: „Wos a gstandns bayrischs Mannsbild sei wui, den werfa die halbn Preißnmaßn scho zehnmal net um.

So saßen also die Preußen (in Wirklichkeit Niedersachsen) und die Bayern (tatsächlich und streng genommen Franken) in trauter Harmonie beisammen. Sämtliche rassen- und völkertrennenden Vorurteile waren bei den Nachkommen dieser beiden großen Stämme beim gemeinsamen Bier vergessen.
Und so konnte man es sich nur erklären, daß der stundenlange Konsum besagter Preußenmaßen ein gestandenes Mannsbild doch etwas ins Wanken brachte. Seine Versuche, die richtige Haustür und somit seine Bettstatt bei seiner Schweimker Gastfamilie zu finden, schlugen aber wegen des reichlichen Biergenusses gänzlich fehl.

Aber: Wos a echter Obermässinger is‘, den wirft so schnell nix um.

Während er also beim Morgengrauen auf der Suche nach einem nächtlichen Domizil schwankend die ganze Breite der Schweimker Dorfstraße ausnutzte, fand er schließlich ein kleines verglastes Häuschen. Unser vom Bier gebeutelter Musikant sah sich am Ziel seiner bettsehnsüchtigen Träume.
Irgendwie schaffte er es, die Tür des durchsichtigen Häuschens aufzustoßen und in das Innere einzudringen. Kaum fiel aber die Tür hinter ihm zu, verließen unserem Musikus die Kräfte und er verlor in seinem vermeintlichen Schlafgemach gänzlich die Orientierung, zumal er sich weder nach vorn noch nach hinten noch zur Seite bewegen konnte. So blieb ihm in seiner mißlichen Lage nichts anderes übrig, als die Nacht stehend in einer ,,Pension mit Panoramablick über das nächtliche Schweimke“ zu verbringen.

Und so bewahrheitete sich in jener Nacht in der friedvollen wunderschönen Lüneburger Heide, daß in der Enge einer Telefonzelle ,,a gstandns bayerischs Mannsbild durch halbe Preißnmaßn scho zehnmal net umfallen ko“.

Nun, es wäre doch gewiß kein Märchen, wenn unsere Geschichte hier zu Ende wäre, denn unsere ,,preußischen“ Freunde feiern dieses Jahr wieder ein großes Fest und wie damals vor vielen vielen Jahren werden auch heuer wieder die bayerischen Schützen und Musikanten aus dem idyllischen Schwarzachtal im Frankenland die große, weite Reise in die Lüneburger Heide antreten, um die Fortsetzung dieses Märchens zu schreiben…

 

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