Chronik von Obermässing
Auszug aus der Chronik von Obermässing
Schon vor ca. 4000 Jahren war die Gegend um Obermässing besiedelt. Funde aus der Neustein-, Bronze- und Hallstattzeit belegen dies. Hügelgräber und vorgeschichtliche Siedlungsreste weisen auf früheste Besiedlung hin.
Vermutlich wurde im fünften oder sechsten nachchristlichen Jahrhundert Obermässing durch die Bajuwaren gegründet. Ursprünglich bildeten die drei Orte Ober-, Unter- und Thalmässing zur Zeit der Gründung eine Einheit. Die älteste der drei von „Mazo“ (Gründergeschlecht) besiedelten Orte ist Obermässing. Dieser Ort taucht in alten Schriften immer wieder als „Mezzingen“ auf. Seine Besiedlung verdankt der Ort mit Sicherheit der günstigen Lage an einer uralten Handelsverbindung von Süden nach Norden.
Urkundlich erwähnt wird der Ort erstmals im Jahr 1068. Zu dieser Zeit übergab Richlint (Schwester des Bischofs Gebhard II. von Eichstätt) in Gegenwart ihrer Mutter Aviza und ihres Vaters Haertwig (Hochstiftsvogt) ein Gut ,,in villa Mezzingen“ an die Johanneskapelle (Grabstätte des Bischofs Gundekar) im Dom zu Eichstätt.
In den folgenden Jahrhunderten werden immer wieder die Adeligen von Mezzingen genannt, z.B. bei Schenkungen, Beurkundungen etc. Sie erscheinen auch als sehr einflußreiche Personen in der Geschichte unserer Region (wie Heinrich, ein Hirschberger Ministerial). Insbesondere der Name eines Adeligen ist bis in die heutige Zeit vielen Einwohnern in Erinnerung geblieben, nämlich,
Berthold II. von Mezzingen (gest. 1285).
Dieser Edelmann ist der Stifter unserer Pfarrkirche. Sein Grabstein blieb bis in die heutige Zeit erhalten.
Im Jahre 1281 übergibt er das Dorfrecht und alle seine Güter dem Deutschherrnorden. Der Deutschherrnorden entstand unter der Bezeichnung „Brüder des Deutschen Ordens St. Marias zu Jerusalem“ während des dritten Kreuzzuges (1189-91) unter Kaiser Friedrich 1. Barbarossa. Vor allem in den ersten Jahrhunderten seines Bestehens erwarb der Deutschherrnorden größeren Landbesitz, so in Palästina, dann in Süditalien und erstmals um 1200 auch in Deutschland. Hier in Obermässing und anderswo entstanden Commenden – die kleinen Verwaltungseinheiten des Ordens – und Hospitäler. Oberverwalter der schließlich 13 Balleien im Reich war der Deutschmeister, während der Orden insgesamt vom Hochmeister geleitet wurde. An der Spitze einer Ballei stand der Landkomtur. Die Verwaltungseinheit Franken, eine der größten Balleien mit Sitz in Ellingen, umfaßte bis zu 21 Commenden oder Komturen, darunter Obermässing
Der damalige Landkomtur in Franken war Bertholds Bruder Marquard (1281-1296). Dies zeigt den Einfluß derer von ,,Mezzingen“ in jener Epoche.
An dieser Stelle ist vorwegzunehmen, daß die Gegend weiter talaufwärts, gegen Freystadt zu, ,,Segelau“ genannt wird. Auch diese Bezeichnung führt ihren Namen auf eine Siedlung zurück. Es nannten sich sogar Adelige nach dieser Bezeichnung. So gab es einen Konrad von Segelau, der 1418-1437 Domherr in Eichstätt war und auf dem Konzil zu Basel (1431-1449) als Gesandter fungierte.
Nach fast 200 Jahren Herrschaft des Deutschordens in Obermässing erwarb 1465 der Eichstätter Fürstbischof Wilhelm von Reichenau für ca. 11.700 Gulden das Dorf und Schloß Obermässing. Wilhelm wurde 1426 in Jettenhofen geboren. Der Eichstätter Oberhirte war eine sehr einflußreiche Person; so war er u.a. ein gesuchter Diplomat. Sowohl Kaiser Friedrich III. wie König Maximillian I. griffen gerne auf seine Verhandlungsgeschicke zurück. Wilhelm von Reichenau errichtete u.a. ein bischöfliches Kastner und Pflegamt in Obermässing, das bis zur Säkularisation bestand.
Außerdem ließ der Fürstbischof das Schloß Hofberg durch eine Ringmauer mit Artillerietürmen verstärken und die schwächer befestigte Vorburg neu anlegen. Die Burganlage ist in Vor- und Hauptburg geteilt. Die Vorburg beschreibt ungefähr ein Rechteck. Über der Toröffnung ist eine Steintafel mit dem Wappen des Domkapitels, des Hochstifts und dem Familienwappen derer von Reichenau (1490) zu sehen. Die Vorburg ist vielleicht identisch mit der „oberen“ Burg entsprechend einer Urkunde von 1281. Die Hauptburg an der Südseite, tiefer gelegen als die Vorburg, hat die Form eines Fünfecks mit Keilseite gegen Süden.
Im 70. Lebensjahr starb Wilhelm von Reichenau am 18. November 1496 im Schloß. Sein Leichnam wurde nach Eichstätt überführt und im Willibaldschor beigesetzt.
Obermässing wurde nie reformiert.
Am 21. April 1525 bildete sich der ,,Mässinger Haufen“ und nahm durch List das Schloß ein. Nach der Errichtung der Kriegskanzlei im Schloß – später in Greding – und der Anlage eines Kriegslagers auf dem Hofberg (bis zu 8000 Mann) gingen die Aufständischen daran, ihren Aktionsbereich (z.B. nach Greding, Berching, Plankstetten etc.) auszudehnen. Erst Pfalzgraf Friedrich konnte im Mai 1525 die Aufständischen ebenfalls durch List besiegen.
Leider verschonte der 30-jährige Krieg nicht das Dorf und die Burg. Die Burg wurde 1634 niedergebrannt. Die schwedischen Söldner plünderten den Pfarrhof und quälten einen Geistlichen durch den ,,Schwedentrunk“ zu Tode. Bereits im Jahr 1670 läßt Fürstbischof Marquard II. das Schloß Hofberg wieder prächtig aufbauen.
Weitere markante Bauwerke, wie die Pfarrkirche und das ihr gegenüberliegende Kastnerhaus, sind von hohem architekturgeschichtlichen Wert.
So wurde das Kastnerhaus 1762 vom berühmten und letzten Hofbaudirektor des Hochstifts Eichstätt, Mauritio Pedetti (1719-1799) grundlegend umgestaltet.
Die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt ist ein frühgotischer Bau. Die Kirche ist eine rechteckige Anlage ohne Choreinziehung. Der Turm, mit Sakristei im Untergeschoß, steht an der Nordostseite. Das Gotteshaus wurde Ende des 17. Jahrhunderts durch den einheimischen Barockbaumeister Johann Baptist Camesino umgebaut Er wurde 1642 in Monticello in Graubünden geboren. Seit 1683 war Camesino als Maurermeister in Obermässing ansässig. Er hat eine ganze Reihe von Landkirchen neu errichtet oder umgestaltet. Sein Hauptwerk ist die Wallfahrtskirche auf dem Eichelberg bei Parsberg. Camesino hatte viel Besitz und genoß hohes Ansehen (z.B. als Gerichtsschöffe). Zu erwähnen ist hier das Hochgericht am Ziegelespan.
Auch stiftete Camesino für die Obermässinger Kirche eine rund acht Zentner schwere Glocke. Der Barockbaumeister starb am 17. Oktober 1724. Camesinos Architektur und seine Raumkompositionen dienten vielen Barockkirchen in Franken und Altbayern als Vorläufer.
Ein weiterer sehr bekannter Künstler, nämlich Loy Hering (Renaissance-Bildhauer) hat ein Kunstwerk in der Pfarrkirche hinterlassen. Es handelt sich um das Epitaph des Kastners Hans von Schaffhausen und dessen Frau Magdalena (1554).
Auf eine bis heute bestehende St. Sebastians-Bruderschaft aus dem Jahr 1690 können die Bewohner von Obermässing stolz sein. Nicht nur der Klerus war hier aktiv; es gab seit mindestens 1624 einen Schützenverein (Preisschießen gegen Nürnberg hier in Obermässing).
Am 27. November 1802 legt Bischof Joseph I. Graf von Stubenberg, seine Würde als Reichsfürst nieder. Das Hochstift Eichstätt fällt zunächst an den Erzherzog Ferdinand von Toscana und im Jahr 1805 an Bayern.
Der bauliche Niedergang der stolzen Schloßanlage begann Anfang des 19. Jahrhunderts, als der bayerische Staat das Schloß zum Abbruch an Privatpersonen verkaufte.
Das ehemalige Kastnerhaus wird 1826 von der Gemeinde und Kirchenstiftung für ca. 500 Gulden erworben. Es diente bis 1965 als Dorfschulhaus.
1903 wurde eine unterirdische Wasserleitung gebaut. Bis dorthin gab es nur einen öffentlichen Dorfbrunnen, außerdem hatten mehrere Häuser sog. Schöpfbrunnen.
Für ca. 40.000 Reichsmark baute man 1926 eine neue Betonbrücke über die Schwarzach. Gleichzeitig wird der Lauf des Flusses im Gemeindebereich reguliert.
Sowohl der Deutsch-Französische Krieg als auch der Erste und Zweite Weltkrieg forderte viele Opfer. Noch heute sind die Namen dieser Personen an den beiden Kriegerdenkmälern ersichtlich.
Während des 2. Weltkrieges mußten drei Kirchenglocken abgegeben werden. Pfarrer Max Brenner organisierte 1948 die Anschaffung und Installation der neuen sieben Kirchenglocken. Dem Umfang (214 cm) größte Glocke (Dreifaltigkeitsglocke) der Diözese Eichstätt hängt nicht im Hohen Dom zu Eichstätt, sondern in der Pfarrkirche Obermässing.
Viele große Bauvorhaben wurden nun in Angriff genommen, wie Bau einer neuen Schwarzachbrücke (1951), neues Kriegerdenkmal (1954), Erneuerung des Kirchendaches (1956), Bau des Leichenhauses (1960), Schulhausneubau (1965), Restauration der Kirche, Pfarrhof, Friedhof (1967, 1975, 1984, 1985).
Ein großer geschichtlicher Einschnitt war die Gebietsreform 1972. Die Gemeinde Obermässing mit seiner über tausendjährigen Geschichte verliert ihre Selbständigkeit und wird in die Stadt Greding eingegliedert.
Harald Gerngroß
Obermässing im April 1996